Kennst Du Dein eigenes Gesicht? Was magst Du an Deinem Körper am liebsten? Was gibt Dir die Gewissheit, dass Du existierst? Erschrecken Dich Deine Gefühle?

Wir denken, fühlen und handeln durch unseren Körper. Wir lassen unseren Körper sprechen. Durch unseren Körper stellen wir uns dar - auf der Bühne oder im Alltag.

Die Spielerinnen und Spieler des Jugendtheaterclubs Jena verknüpfen in "EGO - Die Summe der einzelnen Teile" unterschiedliche Textmaterialien mit performativen Spielformen, Elementen des physical theatre und des contemporary dance. Sie untersuchen die eigene körperliche Existenz im Hier und Jetzt und hinterfragen alltägliche Inszenierungsstrategien.

 

»Ich möchte mit Ihnen über das Leben sprechen. Es ist kompliziert, am Leben zu sein, finden Sie  nicht auch? Dieses dauernde Sich-Bemühen-Müssen, lebenstüchtig zu sein. Atmen. Immer atmen. Das ist die Grundlage des Lebens, das Atmen. Das ist im Grunde die Grundlage. Wenn man nicht atmet, stirbt man.«

 

»Liebe ist ja nichts anderes als ein Ungleichgewicht des Serotoninspiegels, das wiederum nichts  anderes als ein Belohnungshormon ist, das wiederum nichts anderes als ein Produkt der Hypophyse ist, die wiederum nichts anderes als ein Anhängsel des Gehirns ist.«

 

»My body is a weapon let’s see what’s gonna happen«

 

OTZ 13. Februar 2009

Power-Philiosophie

Kaum, dass man einen Sitzplatz gefunden hat, wird man auch schon von vertrackten Fragen bedrängt. [...] Der Videobeamer wirft Rätsel um Rätsel auf die Leinwand. Vom Tonband gleichmäßiges Atmen. Doch das Stück [...] lässt einem nicht viel Zeit, in stiller Innenschau sich zu üben oder metaphysischen Problemen nachzusinnen. Was folgt ist eine so beeindruckend kraftvolle, wie kurzweilige Zusammenschau jugendlicher Gemüter und Befindlichkeiten. [...] Die einzelnen Teile haben die elf jungen Leute mit Regisseur Ulrich Reinhardt klug entwickelt. Hier wird die Revolution herbeigesehnt, schmachtend und naiv geliebt, sich dabei blamiert, mal so richtig die Sau raus gelassen. Hier werden Eiterfurunkel aufgestochen und ein junger Mann sehnt sich danach, einen  Zug zu rammen, auf dass er seinen Körper fühlen könne. Das Ganze gewinnt nicht zuletzt durch ausdrucksstarke Tanz-und Performance-Einlagen.

 

Akrützel, 5. Februar 2009

Zusammen mit Regisseur Ulrich Reinhardt haben elf jugendliche Schauspieler des Theaterhauses ein bemerkenswertes Stück erarbeitet. [...] In assoziativer Reihung sind Texte jeder Art aneinander gefügt und performativ umgesetzt. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen dabei keine Handlungen, sondern die Akteure – als Schauspieler und Selbstdarsteller. [...] Sie winden sich im Paarungstanz, trommeln auf ihren Körpern, und werfen sich im Sinne des physical theatre umher. Ihr Einsatz ist bewundernswert. Auf der Bühne  befindet sich neben den Schauspielern nicht viel, lediglich einige Tische fungieren als Requisiten. Grotesk überspitzt werden Gefühle wie Liebe und Schmerz als Instrumente der Selbstvergewisserung vorgeführt. Das Publikum erlebt abwechselnd Entsetzen und Rührung. [...] Der Titel, folgt man nun Aristoteles oder der Band Kante, erweist sich also als grundlegend – in der Summe der einzelnen Teile stellt dieses abstrakte Theaterstück ein anregendes Ganzes dar, dessen Besuch durchaus den Weg durchs nasskalte Jena lohnt.

 

Allgemeiner Anzeiger Jena, 4.2.2009

Man nehme viele Fragen, einen Beamer, eine Leinwand, elf schauspielwütige Jugendliche, elf quadratische Tische, Kekse, Wasserflaschen und einen Sack voller Universalbekleidungsstücke. Man besetze eine Bühne und warte, bis jemand kommt, der sehen will, dass "EGO" seine Kraft versprüht und ganz sicher mehr ist, als nur "Die Summe der einzelnen Teile". "EGO" ist ein Experiment, ein widerspenstiges Jugendstück, ein klug zusammengesetztes Mosaik verschiedenster Textfragmente. Zutiefst beeindruckt, dass alles ohne Zwischenworte aneinandergereihte O-Töne sind. Das Ganze ist ein Ganzes, obwohl keine zusammenhängende Geschichte durch den Abend führt und keine inszenierten Charaktere den roten Faden tragen. [...] Die eindringlichen Anklagen und revolutionären Gedanken tummeln sich im fröhlichen Miteinander und drängeln sich eher zwischen die Zeilen als durch diese hinaus. [...] "EGO" ist ein dichtes, ein junges, schnelles, kraftvolles Stück voll überraschender Ideen und Fragen, die nachwirken.

 

www.takt.de:

Wenn ein Furunkel platzt, dann ist das Revolution. Der Körper rebelliert. Manchmal weiß man nicht, wie man auf körperliche Nähe reagieren soll, wem kann man Vertrauen? Einfach mal tun, worauf man Lust hat, das sagt einem der Körper: Heute leben wir mal richtig, so jung kommen wir nie wieder zusammen. Geistreich und witzig addiert und subtrahiert "EGO – Die Summe der einzelnen Teile", was man schon immer über seinen eigenen und die Körper anderer wissen wollte. [...] Elf Egos des Jugendtheaterclubs Jena tanzen auf Tischen über die Bühne und verbinden ihren körperlichen Ausdruck mit dem ihrer Stimmen. Sie folgen keinem festen Handlungsablauf, sondern stellen Fragen und Antworten rund um das Thema Körper dar. [...] Das Stück setzt farbige Pinselstriche, aus denen man sich selbst sein (fertiges) Bild machen kann. Die Anregung sollte man sich auf jeden Fall holen, am besten ein paar Mal mehr – doppelt hält besser – und sich das Stück anschauen.

 

Aus der Begründung der Jury für das 20. Bundestreffen Jugendclubs an Theatern 2009:

Da dreht und tanzt und performt es sich um das Thema Körper. Verschiedenste Darstellungsweisen reihen sich assoziativ, rhythmisch, fragend aneinander und verhandeln damit eben auch den Körper „Theater“. Wo beginnt Figur, wo der Schauspieler. So  besteht EGO aus vielen verschiedenen Stoffen [...] und bietet viele verschiedene, teils existentielle, teils unglaublich komische Episoden an, die den Zuschauer immer wieder auffordern, über sich und seinen eigenen Körper nachzudenken oder die einfach einladen, eine klare Ästhetik mit jungen Körpern zu genießen. EGO – ist das theatrale Extrakt elf junger Menschen, die [...] Theater zum Leben bringen.

EGO - Die Summe der einzelnen Teile

 

Darsteller*innen:

Jenny Brill, Eva Luna

Brox, Theresa Ehrenberg, Tim

Feige, Marten Flegel, Paul

Helfrich, Lydia Knabben, Paula

Perschke, Rebekka Pfeifer,

Juliane Spaniel, Bernadette

Strobl                   

Choreographie: Tanja Matjas, Steffen Müller

Bühne: Leonie Reese, Mario Müller

Kostüm: Anke Kalk

Musik: The!

Regieassistenz: Teresa Ringel

Regie: Ulrich Reinhardt

 

Premiere am 29.1.2009, Theaterhaus Jena

Eingeladen zum 20. Bundestreffen der Jugendclubs an Theatern

 

Fotos: Joachim Dette